BPO Callcenter brauchen keine Trainingsabteilung

Alle Trainer atmen jetzt durch, bevor sie sauer werden. Und die dynamischen Manager warten kurz noch mit ihrem: „Habe ich schon immer gesagt, kostet nur Geld.“

 

 

Es ist komplizierter und doch ganz einfach: Führung schlägt Training. 

„Geiles Projekt! – HR: Ich brauch noch 15 Stück Agenten!“

Die Lage der BPO Callcenter wird schwieriger. Heimlich beten alle für eine strauchelnde Wirtschaftsentwicklung, damit weiterhin Bewerber in die Projekte gespült werden. Denn der Recruiting Druck auf die HR-Abteilungen wird nicht geringer. Lächelnd kobernde HRler, geleckte Internetseiten und Auslandsstandorte hat inzwischen jeder Dienstleister. Die Außenseite der Unternehmen blitzt und blinkt in professionellem Glanze. Innen gibt es Jobs knapp über dem Mindestlohn.  

Rudersklaven und die echte „innere Firma“

Im Callcenter gibt es sehr gute Aufstiegschancen. Genau genommen muss man einfach lang genug in der Branche bleiben, um irgendwann zum logischen Kreis der Beförderungskandidaten, zu gehören.

 

Hat das Callcenter eine zweistellige jährliche Fluktuation, entwickelt sich unweigerlich eine Kultur aus „den Leuten“, die kommen und gehen und „dem Team“, das bleibt. Irgendwann kommen sich langjährige Mitarbeiter bei den vielen Wechseln vor, wie auf einer Party, bei der die Leute ständig kommen und gehen.

 

 

Das Team, das bleibt, schmeißt diese Party und hat durchaus Spaß. Manchmal auch mit und leider auch an „den Leuten“. Diese Zweiteilung hilft nicht gerade, wertschätzend mit jedem Mitarbeiter umzugehen. 

Eier aus Stahl

Zusammen mit der irrwitzigen Krankenquote der Branche. Ist die Fluktuation der Kostentreiber der Customer Care Branche. 

 

Um an den Ursachen dieser Fluktuation zu drehen, braucht der Geschäftsführer Eier aus Stahl und Key-Accounter, die die die Leichen im Keller ihrer Auftraggeber kennen. Der Dienstleistungsvertrag, die Bezahlung zwischen dem BPO Partner und Auftraggeber bestimmt die Rahmenbedingungen der Mitarbeiter. Und diese Rahmenbedingungen bestimmen die Fluktuationssockel. 

„Behalte Sie am Leben!“ – Der Lebenszyklus eines Mitarbeiters

Die individuelle Aufgabe des Teamleiters ist es daher, dafür zu sorgen, dass möglichst viele Mitarbeiter wenigstens so lange bleiben, dass sich die Anfangsinvestitionskosten in die Ausbildung amortisiert haben.

 

Mitarbeiter-Trainings kosten einfach nur Geld und bringen nichts.

Aus der Managersicht kann Training immer nur ein nervender Kostenfaktor sein, der wenig bringt, da die Leute sowieso nicht lange bleiben. Training im Callcenter ist wie ein schwachbrüstiger Durchlauferhitzer. Er bekommt das Wasser immer nur lauwarm.

Diesen Kreis muss der BPO-Betrieb durchbrechen. Die Trainingskosten müssen sinken und die Verweildauer der Mitarbeiter steigen.

 

Mitarbeiter kommen wegen des Unternehmensruf und gehen wegen des Chefs

 

Wenn an den ökonomischen Rahmenbedingungen nur geringfügig gedreht werden kann, sind alle weiteren Wohlfühlfaktoren für den Mitarbeiter wichtig. An der Front von Obst, Kaffee, Massageangeboten, Designbüros und Kicker Tischen tun die meisten Unternehmen, was sie können. Nur, dass an den Kicker Tischen meist nie einer spielt. Der entscheidende Faktor, in den das Center investieren muss, ist der Vorgesetzte. Den Teamleiter. 

Management by offener Hose

Die technische Professionalisierung der Customer Care Branche spiegelt sich in weiten Teilen noch nicht in einer professionellen Führung wider. Führungs-Know-Hows wird nicht gelehrt und gelebt. Entsprechend erstaunlich sind manche Mitarbeiter Erlebnisse mit ihren frisch aufgestiegenen Vorgesetzten. Teamleiter, die Ihr Team mit einem Harem verwechseln oder einfach keinerlei Ahnung von grundlegenden Kommunikationstechniken und ethischen Führungsverhalten haben sind keine Besonderheit. 

Feuerwehrleute, SoldatInnen und erfahrene Mütter

Sind ein Centerleiter und sein Führungsstab erfahren genug, wählen sie Mitarbeiter als Vorgesetzte aus, die die notwendige Qualifikation schon mitbringen. Ausgebrannte Leitungskräfte aus der Pflege, Großfamilienväter und Mütter, Sporttrainer, ehemalige Bundeswehroffiziere und Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr sind heiß begehrt. Leider gibt es von diesen Schätzen nicht genug. 

„Rekrutierung ist eine Aufgabe des ganzen Unternehmens“

Sagte einmal HR-Kollege zu mir. Wenn der Ruf des Unternehmens sich in den Onlineprofilen und in der Buschtrommeln-Realität dort eingependelt hat, ist die Arbeit der HR-Abteilung ein dauerhafter Kampf.

Führung statt Training

 

Arbeitet an der hausgemachten Fluktuation die durch schlechte Führung entsteht!

 

Investiert massiv in Eure Führungskräfte und digitalisiert zusammen mit den Auftraggebern die Trainings, um Kosten zu senken.

  

Die Managementaufgabe, das BPO Unternehmen aus diesem die Qualität begrenzenden Kreislauf herauszuführen, ist groß. Die Tools für diesen Wandel sind da:

 

  • Verringert weiter die Führungsspanne. Denkt eher an Vorarbeiter als an Teamleiter.
  • Bildet keine abgetrennten Coaches als fachliche und kommunikative Know-how Träger aus, wenn sie nur eine Ausrede für den TL sind, sich weder kommunikativ noch fachlich um seine Mitarbeiter zu kümmern.
  • Digitalisiert zusammen mit Euren Auftraggebern so viel wie möglich aus den Einstiegstrainings.
  • Macht aus Euren Teamleitern fachliche Vorgesetzten, mit dem pädagogischen und praktischen Know-Hows die Einarbeitung selbst übernehmen.
  • Bildet Eure Führungskräfte aus. Führungstechniken werden nicht durch eine Beförderung vermittelt.
  • Überprüft die fachliche Fähigkeit und Führungsqualität Eurer Führungskräfte regelmäßig!
  • Digitalisiert die Testungen aller Ebenen!
  • Macht eine kontinuierliche Mitarbeiter-Befragung: Beim Einstieg, in der Einarbeitung, nach einem Montag und dann einmal im Quartal bis zum Verlassen des Unternehmens.
  • Macht offene Evaluationen zu den Beweggründen, das Unternehmen zu verlassen.